Devils Tower
Wyomings Naturwunder





Wyoming/USA



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Lage/Zufahrt:
Im NO des Bundesstaates Wyoming. Auf dem Highway 90 von W bis Moorcroft, von O bis Sundance, dann auf der 14 nach N bis zum Abzweig der 24, diese zum Devils Tower (ausgeschildert).



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Routen:
Durrance 5.7 (S)
Wießner 5.7 (S)
Tad 5.7 (O)
und viele, viele schwere und schwerste Touren, insbesondere Risse und Verschneidungsklettereien, auch Spreizwege zwischen den gewaltigen Säulen.

Sicherungsmöglichkeiten am Durrance-Weg:
Standplätze eingerichtet, dazwischen wenige alte Haken, ausreichend Stellen für Keile, Friends und Schlingen


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Führer:

The Climber's Guide to North America, Volume II Rocky Mountain Rock Climbs (John Harlin), Verlag Chockstone Press, ISBN 0-9609452-8-8
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USA, Die schönsten Klettergebiete (Romain Vogler), Bruckmann München, ISBN 3-7654-2110-3
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Auch im Visitor Center sind versch. engl. Führer zu bekommen.


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Auf dem Gipfel
Zur Bildergalerie!


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Besonderheiten:

Besondere Bedeutung in Kultur der Indianer - deshalb Klettern im Monat Juni nicht gestattet!
Ansonsten unbedingt vor der Tour im Visitor Center (bzw. falls morgens noch geschlossen mit Zettel in Box) anmelden und auch nachher wieder abmelden!

Biwak auf dem Gipfel ist nicht erlaubt!


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Das Highlight '99

Meine Kletterfreunde kennen meine Vorliebe für so richtig "gipflige" Gipfel – gleich ob im Fels oder alpin. So musste mir wohl zwangsläufig auch irgendwann der fast übernatürlich anmutende Felssporn, der 300 m aus der Ebene Wyomings aufragt, ins Auge stechen: Devils Tower. Was für ein Name! Schließlich steht auch der imposante Turm gleichen Namens im Elbsandstein für manch unvergessliches Klettererlebnis.

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Wir nähern uns dem Devils Tower von Gillette über Moorcroft und wundern uns, dass wir ihn noch immer nicht erspähen können. Hatten wir nicht gelesen, dass man ihn schon aus großer Entfernung sehen kann? Ausgerechnet auf unserer Strecke verbirgt er sich, bis es nur noch ca. 6 km sind. Wir sind beeindruckt von Mächtigkeit und Form des Basaltstumpfes, der schon die Phantasie der Ureinwohner zur bekannten Legende vom sich vor dem Bären rettenden Indianermädchen anregte. Die Risse im Basalt sollen die Spuren der Bärenkrallen sein, als dieser vergeblich hinaufzukommen versuchte.
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Unsere Sorge zur abendlichen Stunde gilt dem Ergattern einer Campsite für unsere 2 Zelte, aber noch bevor wir das National Monument (übrigens das weltweit erste seiner Art) mit seinem Campground und das am Eingang liegenden KOA-Camp erreichen, fällt uns an der Straße – direkt vis-à-vis vom Tower – ein kleinerer Campingplatz an einer Gaststätte auf, der offenbar noch freie Plätze hat und noch dazu kostenlos ist (wenn man von der diskreten Aufforderung absieht, Gaststätte und angeschlossenen Laden zu nutzen und die Box für freiwillige Spenden nicht zu übersehen). Beim Abendbrot sind wir begeistert vom sich ständig ändernden Farbenspiel um unseren Turm. Dass wir nachts manchmal das Gefühl hatten, dass vorbeidonnernde Trucks direkt durchs Zelt fahren, soll nicht verschwiegen werden.
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Der nächste Tag diente der Naherkundung der Aufstiegsroute und vor allem dem Abholen meines Sohnes und Vorsteigers Ronald in Gillette, der extra für unser Unternehmen für ein verlängertes Wochenende von Richmond/Virginia angeflogen kam. Auch er war von unserem Ziel beeindruckt, das er, von Denver kommend, schon lange vor der Landung wahrnehmen konnte. Der Turm zeigt kaum Schwachstellen, neben einer Unzahl von extrem schwierigen Routen bieten sich nur in der S-Seite 2 etwas leichtere an: Der Weg des sächsischen Amerikaners Fritz Wießner von 1937 – zugleich die erste sportlich einwandfreie Besteigung nach 2 Männern, die 1893 etwas rechts davon eine riesige Steiganlage mit Holzkeilen und Verbindungsbrettern anlegten (Reste davon sind noch heute sichtbar) – und der ein Jahr später erstbegangene, etwas leichtere Durrance-Weg (beide Wege sind in der amerik. Schwierigkeitsskala mit 5.7 = UIAA ca. V/V+, sächsisch ca. VI/VIIa eingestuft).
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Früh am Morgen, nachdem wir den notwendigen Anmeldungszettel beim Visitor Center in die Box geworfen hatten, kletterten wir die Einstiegsrampe zum Durrance-Weg empor. Zum einen hofften wir, keine Mitbewerber über uns zu haben, zum anderen wollten wir die schwierigsten Passagen vor der Gluthitze in der Mittagszeit hinter uns bringen. Enttäuscht stellten wir fest, dass sich bereits 2 Kletterer in den Rissen zum gebrochenen Pfeiler zu schaffen machten. Beim Näherkommen stellte sich aber zum Glück heraus, dass sie sich diese Seillänge nur zum Üben ausgesucht hatten und gerade wieder beim Abseilen waren.
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Die ersten Meter auf den gebrochenen Pfeiler stellten noch kein großes Hindernis dar. Aber dann sollte sie schon kommen, die angeblich schwierigste Seillänge des gesamten Aufstiegs. Senkrecht geht es etwa 15 m empor bis zum nächsten Standplatz. Hier sahen wir am Vortag eine Seilschaft kapitulieren. Aber per Augenschein vermuteten wir, dass uns diese Art der Kletterei eigentlich liegen müsste: eine Verschneidung mit 2 Rissen - ein Arm- bis Schulterriss zum Hineinstecken der rechten Seite und ein feinerer Riss zum Gegentreten für den linken Fuß, gebaut zum recht angenehmen Klettern mit Rückenlehne. Da sich im feinen Riss auch die nötigen Keile bzw. Friends zum ordentlichen Sichern unterbringen ließen, konnte Ronald auf die angeblich nötigen sehr großen Friends vollkommen verzichten. Die letzten Meter, bei denen man sich ganz in den weiter werdenden Riss schieben muss, ließen sich mit dem gewinkelten Arm der bewährten Schulterrisstechnik gut bewältigen. Offenbar waren die Leute vom Vortag keine Sachsen, denn sie hatten gerade hier ihr Problem.
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Die weiteren Seillängen waren etwas leichter, machten aber durchweg Spaß. Ronald versuchte deshalb gar nicht erst die Varianten, die nach rechts in leichteres Gelände queren, sondern stieg zügig bis zum Gipfel durch. Oben erwartete uns eine große Fläche, die nur noch leicht zum höchsten Punkt in der Mitte des Gipfels anstieg. Dort gab es als Gipfelbuch eine Lose-Blatt-Sammlung in einer verschraubbaren Röhre. Wir lassen den Blick von unserem einmaligen Aussichtsturm schweifen. Ganz klein sehen wir die Touris, die mit ihren Fotoapparaten an der Wiese mit der Präriehund-Siedlung auf diese possierlichen Tiere lauern, weiter entfernt ist ein anderer Felsrücken zu sehen, der auch interessant und vor allem viel einsamer sein könnte, am Fuße unseres Turmes sind die Schäden von einem Waldbrand sichtbar. Wir malen uns aus, dass ein Bad im tief unten mäandernden Belle Fourche River jetzt ganz angenehm wäre.
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Beim Abseilen wird uns in dieser gewaltigen Steinflanke doch manchmal etwas mulmig zumute, da die nächsten Haken nicht immer gleich von oben auszumachen sind. Vorsichtshalber mache ich mir einen Knoten in die Enden der Seile. Als wir unten dann endlich die längst quälenden Kletterschuhe ablegen können, wird uns erst so richtig bewusst, dass wir mit dem Wetter unwahrscheinliches Glück hatten. Während des gesamten Aufstieges war es immerzu leicht bedeckt, aber jetzt brennt die Sonne so richtig, und der Fels wird so heiß, dass man ihn kaum noch anfassen kann. Wir sind froh, dass uns das erspart blieb. Ach so, als wir dann nach einem reichlichen Mahl in unserer Zeltplatz-Gaststätte endlich unser Bad im Fluss nahmen, sorgte ein kräftiges Gewitter für reichlich Wasser von oben und unten.
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Da wir gleich am ersten Tag erfolgreich waren, fanden wir anschließend noch genügend Zeit, um auch das landschaftlich sehr schöne ca. 100 km östlich gelegene Gebiet der Black Hills mit seinen bizarren Needles und den weniger schönen Verunzierungen durch die Präsidentenköpfe und das entstehende noch gigantischere Monument für den legendären Indianerführer Crazy Horse kennenzulernen.
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Fazit: Mit dem Devils Tower haben wir sicher eine der beeindruckendsten Felsgestalten unseres Planeten kennengelernt. Wo gibt es noch ähnlich imposante Ziele?